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  • Agrar- & Ernährungspolitik
  • 06/2024
  • Ulrich Post

Das (Über-)Gewicht der Welt

Weltweit steigen die Adipositas-Raten bei Erwachsenen und vor allem bei Kindern und Jugendlichen dramatisch an. Ganz vorne sind Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass mehr Menschen auf der Welt zu wenig zu essen hatten als Menschen, die zu viel oder zu kalorienreich aßen. Doch das hat sich verändert. Die Neigung zu Fettleibigkeit steigt.

Nach einer im Februar 2024 veröffentlichten Studie in The Lancet litten im Jahr 2022 eine Milliarde Menschen an Adipositas, also sehr starkem Übergewicht.  Nach einer Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt eine Adipositas bei Menschen ab einem Body Mass Index (BMI) von 30 vor. Der BMI ist der Quotient aus Gewicht und Körpergröße im Quadrat.

Die Ursachen von Adipositas sind vielfältig. Es kann zu viel und falsche Ernährung bei zu wenig Bewegung sein. Aber auch sozio-kulturelle (z.B. physisch passiver Lebensstil), psychische (z.B. „emotionales Essen“) hormonelle oder genetische Faktoren haben Einfluss.

Die Lancet-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die weltweiten Adipositas-Raten bei Erwachsenen seit 1990 verdoppelt und bei Kindern und Jugendlichen vervierfacht haben. Schätzungen zufolge sterben etwa vier Millionen Menschen pro Jahr an den Folgen von Adipositas.

Mehr Erkrankte in ärmeren Ländern

Die Krankheitsraten sind in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen höher als in Ländern mit hohem Einkommen. In Polynesien und Mikronesien leiden mehr als 60 Prozent der Einwohner an der Krankheit – die höchste Rate der Welt. Auch Länder in Afrika und dem Nahen Osten, die man eher mit Unterernährung in Verbindung bringt, haben mit der Krankheit zu kämpfen. In Europa ist die Türkei Spitzenreiter bei Frauen: 43 Prozent haben einen BMI von mehr als 30. Bei Männern liegt Rumänien mit 38 Prozent vorne. Französinnen und Franzosen sind der Studie zufolge besonders schlank; nur 10 Prozent lebten mit Adipositas. In den USA dagegen hatten 44 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Männer einen BMI über 30.

Bei derartig hohen und steigenden Zahlen wundert es nicht, dass die Pharmazeutische Industrie eine rasant wachsende Nachfrage nach Abnehmmedikamenten verzeichnet. Ende des Jahrzehnts könnten ihre Jahresverkäufe auf 80 Mrd. Dollar steigen. Sie würden damit eines der bestverkauften Medikamente überhaupt. Noch sind die Preise sehr hoch, in vielen ­– vor allem ärmeren – Ländern sind sie nicht verfügbar. Beides soll sich jedoch bald ändern.

Die Abnehmmedikamente unterdrücken den Hunger und führten in klinischen Test u.a. zu Gewichtsverlust. Allerdings haben sie auch Nebenwirkungen: kurzfristig etwa Brechreiz und Verdauungsstörungen. Auch langfristige Nebenwirkungen waren in Tests zu beobachten; so kam der Gewichtsverlust zwar im Wesentlichen durch Fettabnahme zustande, aber auch durch Verlust an Muskelmasse. Viele Mediziner meinen zudem, dass die Medikamente Patienten ein Leben lang begleiten, wenn sie einmal eine Behandlung beginnen. Wer die Einnahme stoppe, müsse damit rechnen, wieder zuzunehmen. Deshalb lautet die Empfehlung auch, bei Adipositas erst einmal den Lebensstil nachhaltiger zu gestalten.

Prträt: Ulrich Post, Leiter Team Grundsatzfragen.
Ulrich Post Mitglied im Redaktionsbeirat

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